Mein geliebtes Österreich ist im April 2018 nur Transitstrecke, aber wenigstens ein Zwischenstopp in Salzburg wurde geplant. Die Übernachtungsangebote sind selbst dann noch reichlich, wenn man die Suche mit ‚Haustiere erlaubt’ und ‚kostenloses Parken’ eingrenzt. Gerne vertreibe ich mir die Zeit in schlaflosen Nächten mit Bewertungen von echten Gästen und dieses Mal bin ich auf ein wirkliches Kleinod gestoßen:
Restaurant und Hotel Wartenberg.
Nur 5 Autominuten vom Altstadtzentrum entfernt, erwartet den Gast ein uriges, über 300 Jahre altes Gebäude mit grünem Dach, mit richtig dicken Wänden und liebevoller Überfüllung mit Kitsch und Antiquitäten. Dicke Türen mit verschnörkelten Beschlägen gehören ebenso dazu, wie ein wunderschöner alter Kleiderschrank ohne Schlüssel und ein riesiger Spiegel über dem Bett. Die Böden sind teilweise großartig gefliest, und dann sind es wieder richtig schöne dicke alte Dielen.
Im krassen Gegensatz zu dem historischen Ambiente hat unser Zimmer ein modernes Badezimmer mit riesiger Dusche und weil es nicht perfekt sein darf, hat man jedes Mal die Klinke in der Hand, wenn man die Tür schließen will.
Wer sterile Business-Hotelzimmer braucht, sollte dieses Haus meiden. Es ist anders, als die meisten. Wenn man sucht, findet man immer – auch in den Nobelhäusern! In unserem Fall fand sich ganz schnell ein Rand auf dem Tisch und ein rostiger Heizkörper. Ich schwöre, ich habe nicht gesucht!
Man fühlt sich angekommen,
– wenn man direkt von 2 netten Menschen begrüßt wird,
– wenn man sofort mit Namen angesprochen wird und
– wenn einem ein kostenloses Upgrade auf ein größeres Zimmer angeboten wird, weil man 2 Hunde dabei hat.
Perfekt? Nein, das wäre wieder langweilig 😉 Alle Österreicher vergessen, dass ihre Sprache weit von Deutsch entfernt ist. Ich höre es gern, wirklich. Aber nach 6 Stunden Fahrt mit reichlich Stau und stockendem Verkehr kommt mein Hirn mit dem Übersetzen nicht hinterher! Da bestelle ich doch tatsächlich nach dem richtig leckeren Abendessen einen Milchkaffee – und bekomme einen Latte Macciato 😀 Für eines der großartigen österreichischen Desserts war leider kein Platz mehr in meinem Magen.
Das Abendessen muß ich schnell notieren, damit ich das zu Hause hinkriege: Tiroler Gröstl mit Spiegelei und Salat. Es entpuppte sich als Bratkartoffeln aus gekochten Kartoffeln mit glasigen Zwiebeln, grüner Paprika, rosa angebratenem Schinken und zarten Rindfleischstreifen. Das Geheimnis des besonderen Geschmacks ist u.a. ganz dezenter Kümmel.
Das man auch bei der Rechnung lächeln kann, passiert nicht oft. Aber da stand wirklich, „Tisch 5 Liebesflamme“.
Am folgenden Morgen weckte uns strahlender Sonnenschein durch die dunkelroten Vorhänge hindurch und machte sogar mir als Morgenmuffel Freude auf den kommenden Tag. Der Blick aus unserem Fenster konnte dem nicht wirklich etwas anhaben. Die Freude wurde erst getrübt, als ich die Duschkabine mit wachen Augen anschaute: schwarzen Schimmel und Seifenreste habe ich in dieser Stärke selten irgendwo gesehen.
Das Frühstück war ausreichend, der Kaffee österreichisch zu stark, die Eier noch bunt von Ostern vor einer Woche. Zur Nachtisch-Zigarette bewaffnete ich mich mit dem Handy und ging auf Motivjagd im Hotelgarten. Neben 9 hungrigen Kaninchen, die eine Nachbarin füttert, und einem jungen Hund entdeckte ich endlich den Grund für die vielen Engel, Ikonen und Schleifen: Wir waren in einem Pilgerhotel auf dem Jakobsweg gelandet. Man muß es tatsächlich mögen, es ist in jedem Fall einzigartig!